Umkämpfte Erinnerung. Wie verändert sich das Gedenken an NS Verfolgte mit zunehmendem Einfluss antisemitischer, rassistischer und rechter Organisationen?

Wann

12/03/2020    
19:30 - 21:00

Wo


Seit mittlerweile 20 Jahren nehmen Antifaschist*innen aus Bielefeld jedes Jahr im April an der Befreiungsfeier in der Gedenkstätte des ehemaligen Frauen KZ Ravensbrück teil.

In den letzten zwei Jahren wurde die Gedenkveranstaltung an die Befreiung des KZ Ravensbrück von organisierten polnischen Nationalist*innen durch massives Auftreten und unter anderem durch das Zeigen von Symboliken antisemitischer und ultranationalistischer Gruppen, wie der Narodowe Siły Zbrojne (Nationale Streitkräfte; NSZ), gestört.

Seit Jahren gehören NSZ-Referenzen zum zentralen Symbolrepertoire der extremen Rechten in Polen. Unter der seit 2015 regierenden PiS-Partei erfahren sie nun auch höchste staatliche Würdigung und sind somit deutlicher Ausdruck der Normalisierung extrem rechter Tendenzen.

Eine antifaschistische Aktivistin und Osteuropa-Historikerin aus Berlin wird einen Überblick über die Gruppen und Personen geben, die in diesem Sinne aktiv sind. Um zu verstehen warum diese Gruppierungen versuchen Gedenkorte für NS-Verfolgte für die Verbreitung ihrer nationalistischen Ideen zu instrumentalisieren, wird sie außerdem einen Blick auf die Geschichte nationalistischer Strömungen in Polen werfen, Kontinuitäten bis heute aufzeigen und die Gründe für ihr aktuelles gesellschaftliches Erstarken erklären.

Aber nicht nur polnische Nationalist*innen nutzen Gedenkpolitiken für ihre Zwecke. Deutschlandweit führt das Erstarken der AfD dazu, dass öffentliche Gedenkveranstaltungen auch von Vertreter*innen der AfD besucht werden. AfD-Mitglieder drängen in Gremien, wie bspw. auch in die Stiftungsräte von Gedenkstätten, um dort ihre revisionistischen Ideen zu verbreiten.

Zugleich nehmen immer weniger Überlebende des NS an den Gedenkfeiern teil und auch die Präsenz von organisierten Antifaschist*innen hat im Laufe der Jahre immer weiter abgenommen.

Die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und dem Nationalsozialismus, das Gedenken an die Opfer und die Erinnerung an all jene, die dem nationalsozialistischen Terror ausgesetzt waren, ist ein wichtiger Bestandteil antifaschistischer Praxis. Es geht darum immer wieder zu zeigen, dass weder die Opfer noch die Verbrechen und Täter*innen des Nationalsozialismus vergessen werden dürfen. Es geht darum, dass weder die Taten der Nazis noch das Schweigen und Nichtverhalten der restlichen Bevölkerung vergeben werden.

Auch die Teilnahme an Gedenkveranstaltungen ist eine wichtige Gelegenheit, um deutlich zu machen, dass es keinen Schlussstrich unter die Geschichte geben darf und sich zu aktuellen faschistischen/nationalistischen Entwicklungen zu positionieren und sich antifaschistisch zu organisieren.

Nach dem Vortrag möchten wir daher mit euch über die Notwendigkeit antifaschistischen Gedenkens diskutieren. Wir wollen überlegen wie antifaschistische Strategien zur Gestaltung eines solchen Gedenkens aussehen können, die sich einerseits einer Vereinnahmung durch nationalistische Positionen widersetzen und gleichzeitig den Charakter einer Gedenkveranstaltung wahren.

Veranstaltet von der Vorbereitungsgruppe der Fahrt zur Befreiungsfeier im Jahr 2020 in Zusammenarbeit mit dem Femref des AStA der Uni Bielefeld