Antifaschistische Gedenkdemo am Jahrestag der Novemberpogrome

Wann

09/11/2021    
19:00 - 21:00

Wo

Hauptbahnhof
Bahnhofsvorplatz, Bielefeld

Veranstaltungstyp

In der Nacht vom neunten auf den zehnten November 1938 wurde die Synagoge in der Turnerstraße in einer organisierten Aktion in Brand gesetzt. Wenige Stunden später hatten die Flammen bereits die gesamte Synagoge ergriffen.

„Das Datum, der 9./10. November 1938, bedeutete nicht nur, dass alle Synagogen in Deutschland abgebrannt wurden, sondern dass die Nazis viele jüdische Männer verhafteten, dass man jüdische Geschäfte plünderte und die Scheiben zerschlug.”, erinnert sich die 1924 in Bielefeld geborene Jüdin Helga Ravn.
In Bielefeld beteiligten sich an den, von den Faschist*innen verharmlosend als „Reichskristallnacht” bezeichneten, Pogromen verschiedene Bielefelder Bürger*innen – von SS-Gruppen bis hin zu Kindern, die der Hitler-Jugend angehörten.
Die Novemberpogrome markierten den Übergang von der Diskriminierung und Entrechtung zur systematischen Verfolgung und Vernichtung jüdischer Menschen. „Von da an wurde das Leben für uns Juden mehr und mehr unerträglich“, sagte Helga Ravn später.

In den letzten Jahren erleben wir in Deutschland eine öffentliche Diskursverschiebung. So hat die Zeit der Corona-Pandemie erneut gezeigt, dass Geschichtsrevisionismus in Deutschland allgegenwärtig ist. Dass sogenannte Querdenker*innen durch die Straßen laufen und die Maskenpflicht und andere „Corona-Maßnahmen“ mit der industriellen Vernichtung jüdischen Lebens gleichsetzen, macht uns fassungslos und wütend. Die Verbreitungen von antisemitischen Verschwörungsmythen im Zusammenhang mit der Pandemie zeigen, wie die Grenzen des Sagbaren verschoben wurden und tragen ihren Teil zur Entstehung einer gefährlichen Stimmung in großen Teilen unserer Gesellschaft bei.

An dieser Stimmung ist auch die AfD maßgeblich beteiligt, die sich immer mehr in den Parlamenten etabliert. So bekam die völkisch-nationalistische Partei auch bei den vergangenen Bundestagswahlen in einigen Bundesländern erschreckend viele Stimmen und wurde in Thüringen und Sachsen sogar stärkste Kraft. Die Etablierung dieser Partei dient als parlamentarischer Legitimationsgrund für antisemitische und rassistische Äußerungen und Haltungen und verschärft so die Festigung von Feindbildern.

Am diesjährigen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, dem 27. Januar richtete sich die Shoa-Überlebende Esther Bejarano mit einem Appell an alle jungen Menschen und sagte: „Ihr seid nicht schuldig, für das, was damals geschehen ist (…), aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts von dieser Geschichte wissen wollt.“
Um sich gegen einen wieder erstarkenden Antisemitismus und gegen das Vergessen der Shoa einzusetzen, haben Menschen wie Esther Bejarano bis ins hohe Alter über die grausame Zeit des deutschen Faschismus erzählt. Es gibt nicht mehr viele Zeitzeug*innen, die über ihr Schicksal berichten können. So ist auch Esther Bejarano, eine der letzten Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz, am 10. Juli 2021 verstorben.

Es liegt an uns allen die Opfer des deutschen Faschismus nicht zu vergessen, ihre Geschichten zu erzählen, jeder Relativierung der nationalsozialistischen Vernichtungsideologie entgegenzutreten und die Nazis von heute aktiv zu bekämpfen.

Kommt deshalb zur antifaschistischen Gedenkdemonstration am Jahrestag der Novemberpogrome, denn Gedenken heißt kämpfen!